Finanzen
Bericht: AKW-Betreiber bekommen eine Milliarde Euro Entschädigung
GDN -
Die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke werden nicht verlängert: Stattdessen sollen die Betreiber Vattenfall und RWE offenbar finanziell in der Größenordnung von einer Milliarde Euro dafür entschädigt werden, weil sie beim Atomausstieg 2011 benachteiligt wurden, berichtet die "taz" (Montagsausgabe) unter Berufung auf den Entwurf des Bundesumweltministeriums für eine Änderung des Atomgesetzes. Notwendig ist die Gesetzesänderung aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2016. Darin war den Konzernen in zwei Punkten ein Entschädigungsanspruch zugesprochen worden: Zum einen für Investitionen, die sie im Vertrauen auf die von schwarz-gelb beschlossene Laufzeitverlängerung vorgenommen hatten, bevor die Laufzeiten fünf Monate später als Folge der Reaktorkatastrophe von Fukushima wieder verkürzt wurden.
Zum anderen konnten RWE und Vattenfall im Gegensatz zu Eon einen Teil der Atomstrommengen, die ihnen 2002 beim rot-grünen Atomkonsens zugestanden worden waren, unter dem schwarz-gelben Ausstieg nicht mehr produzieren, weil dieser statt Reststrommengen ein fixes Abschaltdatum für jedes AKW vorsah. Für die getätigten Investitionen geht das von Svenja Schulze (SPD) geführte Umweltministerium aufgrund des kurzen Zeitraums allenfalls von geringen Zahlungen aus. Für die verfallenen Reststrommengen wird hingegen Geld fließen. Die genaue Summe wird erst 2023 ermittelt, wenn die tatsächlich nicht produzierte Strommenge und die entgangenen Gewinne feststehen. Im Gesetzentwurf steht, dass die Ausgaben "einen niedrigen einstelligen Milliardenbereich nicht überschreiten, wahrscheinlich jedoch im oberen dreistelligen Millionenbereich liegen werden". Das wäre deutlich weniger, als jene 19 Milliarden Euro, die die Konzerne ursprünglich gefordert haben. Das Gericht hatte alternativ zu einer finanziellen Entschädigung weitere Lösungsmöglichkeiten genannt: Zum einen eine Verlängerung der gesetzlichen Laufzeiten für einzelne Atomreaktoren; zum anderen eine Pflicht, die Reststrommengen, die bei einem Betreiber übrig bleiben, an jene zu verkaufen, die zu wenig haben. Auch diese Übertragungspflicht lehnt das Umweltministerium ab. "Zwangsweise Übertragung von Reststrommengen würde bedeuten, dass die Atomkraftwerke, die zusätzliche Reststrommengen erhalten, dann in jedem Fall länger laufen würden, als derzeit betriebswirtschaftlich geplant", schreiben Experten des Ministeriums in einer Erläuterung zum Gesetz. Denn derzeit müssen einige Reaktoren, etwa Brokdorf oder Isar 2, vor dem im Gesetz genannten Datum abgeschaltet werden, weil ihre Reststrommenge verbraucht ist. Das Gesetz ist am vergangenen Freitag zur Abstimmung in die anderen Ressorts geschickt worden. Wann der Entwurf im Kabinett beraten wird ist noch offen. Das Bundesverfassungsgericht hatte für die Umsetzung des Urteils eine Frist bis zum 30. Juni gesetzt.
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